Flügelschlag
Flügelschlag
Roman

Der Journalist Odo von M. lebt nach seiner Scheidung in der Wachau und gibt sich seinen Tagträumen hin. Doch seine neue Liebe, die Aktionistin Hanna H., konfrontiert ihn mit dem Phänomen der Gewalt. Da er sich dem Sog seiner Leidenschaft zu ihr nicht entziehen kann, wird er gezwungen, ihrem Handeln zu begegnen. Er tut es auf seine eigene Art. Leidenschaftlich und obsessiv wird die Frage nach dem Zusammenhang von Monotheismus und Gewalt neu gestellt. Dieser Roman spannt auf interessante Weise einen Bogen zwischen Aktionismus, Religion, Abhängigkeit und Sehnsucht nach einer sanfter organisierten Welt. Zwei extreme Charaktere prallen in dem kleinen Roman der im Februar 2005 verstorbenen österreichischen Autorin Marielies Blaskovich aufeinander – der etwas weltfremde Odoaker von M., geschieden und derzeit stellungsloser Journalist, dem seine Mutter finanziell unter die Arme greift, und die temperamentvolle, geschäftstüchtige Aktionistin Hanna H., ein weiblicher Hermann Nitsch. Als Dritter im Bunde taucht der schriftstellernde Ex-Kriminelle Heimito Urfahr auf (Jack Unterweger schau obi!). Es entwickelt sich eine Liebesgeschichte, die mit einer Art Ritualmord jäh endet. Schauplätze der Erzählung sind Krems, Spitz, die Landschaft der Wachau. Hier begeben sich aktionistische, blutige Performances und Dichterlesungen. Die Liebe zwischen Odoaker und Hanna zerbricht, als ein naives junges Mädchen auftaucht. Hannas Rache ist fürchterlich. Eines nach dem anderen der Lieblingskaninchen Odoakers schlachtet sie auf grausliche Weise ab. Bei der Performance „Golgatha“ an einem Nachmittag unter schwarzen Gewitterwolken auf einem Hügel in den Weinhängen überkommt es Odo und er tötet Hanna. Sehr poetisch klingt das so: „Mit dem Schrei der Frau hatte sich der Himmel vollends aufgetan, doch Odoaker konnte im Spiegel der kalten Materie nichts erkennen. War er es selbst, im Rausch seines Höhenflugs, ein Mann am Ende einer langen Suche, der Mensch im Augenblick der Tat?“ Ein Lehrstück über die Unvereinbarkeit von Gewalt und Gewaltlosigkeit hatte Marielies Blaskovich da wohl im Sinn.

Frithjof Kammerer, Bücherschau (Büchereiservice des ÖGB)

128 Seiten, Ganzleinen mit Schutzumschlag, fadengeheftet,

€ 19,80
CHF 35,00
ISBN 978-3-85450-175-6